Dienstag, 26. August 2014

Goethe und Mascha K a l é k o




G  o  e  t  h  e -  M e m o r a b i l i e n   II 





Goethe (und Goethes Werke) im Denken und im GeDicht  von  Mascha K a l é k o  






Mascha Kaléko:

Ansprache eines Bücherwurms



Der Kakerlak nährt sich vom Mist,

Die Motte frisst gern Tücher,

Ja selbst der Wurm ist, was er isst.

Und ich, ich fresse Bücher…



Ob Prosa oder Poesie,

Ob Mord – ob Heldentaten -

Ich schmause und genieße sie

Wie einen Gänsebraten.



Ich bin ein sehr belesener Herr,

Nicht wie die andern Viecher!

Dass Bücher bilden, wisst auch ihr,

Und ich – ich fresse Bücher.



Die Nahrung, sie behagt mir wohl,

Verleiht mir Grips und Stärke.

Was andern Wurst mit Sauerkohl,

Das sind mir Goethes Werke.



Ich fraß mich durch die Literatur

So mancher Bibliotheken;

Doch warn das meiste, glaubt es nur,

Bloß elende Scharteken.



Das Bücherfressen macht gescheit.

So denken sich ́s die Schlauen.

Doch wer zu viel frisst, hat nicht Zeit,

Es richtig zu verdauen.



Drum lest mit Maß, doch lest genug,

Dann wird’s euch wohl ergehen.

Bloß Bücher fressen macht nicht klug!

Man muss sie auch verstehen.



*
Der Text stammt aus dem von der Autorin zuletzt geplanten Kinderbuch „Die Tante aus Amerika“ (entstanden 1966).

Macha Kaleko war neben Else Lasker-Schüler die bedeutendste jüdischen Poetin im Deutschland der 20- und 30er Jahre. Ihr gelang zunächst die Flucht in die Schweiz; später in die USA. Um ihre Funken sprühende Poesie zu kennzeichnen, wird sie als die „weibliche Erich Kästner“ geehrt.


 Zitiert aus: Mascha Kaléko: Sämtliche Werke und Briefe. Bd. I. Werke. München 2012. S. 563f. 

Zu Leben und erk, pardon: W e r k  der Dichterin  Mascha Kaléko: